Emilie Autumn – Die Anstalt für ungehorsame viktorianische Mädchen


Kurzbeschreibung


Die Überdosis war kein Versehen. Emilie wollte sterben.
Gerettet, aber in der Hölle einer Psychiatrie gelandet, gibt es kein Entkommen. Ihr wird jede Kommunikation mit der Außenwelt verweigert.
Plötzlich findet Emilie die Briefe einer gewissen Emily – mit y –, die im viktorianischen England in eine Irrenanstalt eingewiesen wurde.
Emilie verliert sich immer mehr in den Nachrichten aus der Vergangenheit. Die Grenze zwischen Wirklichkeit und Wahnsinn verschwimmt Brief für Brief.
Über die Zeit hinweg müssen die beiden Frauen gegen einen gemeinsamen Feind kämpfen: ihre Ärzte.

Überzeugend und mit einem Hauch Fantastik schildert Gothic-Ausnahmekünstlerin Emilie Autumn ihre eigenen Erlebnisse.
Eine vernichtende Kritik an der Behandlung von Frauen durch die Gesellschaft und die psychiatrische Industrie. Die Autorin zeigt, dass sich im Laufe der Jahrhunderte wenig geändert hat.
Quelle: © Festa Verlag


Meine Meinung


Als ich das erste Mal „Die Anstalt für ungehorsame viktorianische Mädchen“ von Emilie Autumn in der Vorschau vom Festa Verlag gesehen hab, war es direkt um mich geschehen. Auch der Preis konnte mich nicht abschrecken. Aber der Fuffi tat schon weh und so viel hab ich bisher noch nie für ein Buch bezahlt.
Ob es sich gelohnt hat?
Das kann man nicht so einfach sagen. Ich denke, das hängt vor allem vom Leser ab.

Emilie Autumn ist keine unbekannte Persönlichkeit. Ich muss aber tatsächlich sagen, dass ich sie nicht kannte.
Normalerweise mach ich das nicht, aber diesmal muss ich auch die Optik und die vielen Details im Inneren hervorheben.
Die Illustrationen sind sehr liebevoll gestaltet. Ebenso die vereinzelten Textpassagen. Egal ob Ratten oder Ringelkniestrümpfe. Alles ist elementar für die Handlung und fügt sich unglaublich gut ein. Damit man versteht.
Wirklich versteht.
Hierbei begleiten wir zwei unterschiedliche Protagonisten. Einmal unsere Emilie in der Gegenwart und einmal Emily in der Vergangenheit.
Wobei ich ganz klar sagen muss, dass mich Emily mit y mehr gepackt und dabei menschlich wie auch emotional sehr berührt hat.
Sie ist mutig und tough. Lässt sich niemals unterkriegen, egal was ihr das Schicksal aufbürdet.
Emilie mit ie, war mir dagegen oft zu unterkühlt, abgeklärt. Ja, auch ein kleines bisschen arrogant. Sie weiß, was sie will und nimmt es sich. Aufgrund ihrer Popularität hat man das Gefühl, sie fühle sich als etwas besseres. Was sie aber nicht ist.
Aber man sieht auch die Verletzlichkeit dahinter. Spürt, wie einsam und unverstanden sie sich fühlt.
Die manischen und depressiven Schübe sind deutlich erkennbar und obwohl sie das weiß, will sie es auf irgendeiner Ebene doch nicht wahrhaben. Sie macht sehr eindringlich damit klar, was es damit auf sich hat und das es nicht immer um Aufmerksamkeit geht.

Emilys Geschichte ist dafür so viel tiefgreifender, brutaler und herzzerreißender, als man sich je vorstellen könnte. Was vor allem im psychologischen Bereich deutlich hervortritt. Und das zu einem Zeitpunkt, wo die Anstalt noch kein Thema war.
Frauen werden nicht als das wahrgenommen und behandelt, was sie sind.
Sie werden weggeworfen,missbraucht, benutzt und aufs niederträchtigste gequält.
Sie sind nichts wert.
Als es in die Anstalt ging, ging mir das extrem an die Nieren. Nicht nur, dass es ethisch und moralisch verwerflich ist. Es herrscht so viel Brutalität. Angefangen damit, dass die Frauen keine Namen haben, nur Nummern.
Was sagt das über unsere Gesellschaft aus?
Die damalige Zeit war wirklich heftig. Demzufolge hat die Autorin diesen Punkt in meinen Augen sehr gut eingefangen. Sie appelliert an Menschlichkeit, findet aber nur Grausamkeit, Demütigungen und Niederträchtigkeit.
Was in diesem Gemäuer vor sich geht, ist wirklich heftig. Dabei ist oft nicht rational erklärbar, ob es nun Wahn oder Realität ist. Man weiß aber, es ist abgrundtief böse.
Eine Bosheit, die tief aus der Seele kommt und vor der sich niemand schützen kann.

Mich haben vor allem die Nebencharaktere unglaublich überrascht. Sie wandeln sich ,kehren sich völlig um. Überschreiten ihre Grenzen, wachsen über diese hinaus.
Manche wirken manisch ,andere verzweifelt und leer. Und schließlich trifft man auch auf völlige Empathielosigkeit und Kälte.
Sie sind verschlossen und kalt, nur um dann zu erkennen, wie viel Schmerz und Angst in ihnen lebt.
Ich fand die Story unglaublich interessant und faszinierend. Muss aber auch sagen, dass es zwischendurch ein paar Längen gab. Die aber Emily in meinen Augen wieder wett gemacht hat.
Lohnt es sich trotzdem? Absolut.
Allein deshalb, um das ganze Grauen zu verstehen. Zu verstehen, wie Frauen und Mädchen behandelt wurden. Nicht nur von völlig fremden Menschen, sondern auch vom eigenen Umfeld. Und ich glaube, das war das grausamste überhaupt.
Es geht hier um Depressionen, Wahnvorstellungen, Missbrauch und es geht auch um unsere Gesellschaft.
Und trotzdem sind es Menschen, die fühlen, lieben, leben und atmen.
Menschen, die es wert sind, geschätzt und geachtet zu werden. Nicht,belächelt und zerstört zu werden.
Manchmal driftet die Autorin sehr ins Fantastische ab und trotzdem behandelt sie diese Themen sehr feinfühlig, direkt und authentisch. Sie spricht klare Worte, auch wenn sie noch so niederschmetternd sind. Aber nur so werden die Menschen endlich klar sehen und die Augen nicht mehr verschließen.
Dem Ende steh ich jedoch etwas skeptisch gegenüber. Fast ,als hätte man keine Worte mehr übrig gehabt.


Fazit


„Die Anstalt für ungehorsame viktorianische Mädchen “ von Emilie Autumn ist ein teils fiktiver und teils autobiographischer Roman.
Was doch eine gewisse Beklommenheit auslöst.
Mir persönlich konnte Emily unglaublich viel geben und in mir auslösen.
Eine Geschichte über psychische Erkrankungen und unsere Gesellschaft, aber auch, was das weibliche Geschlecht damals wirklich wert war.
Sehr düster, beklemmend und brutal.


Buchdetails


Quelle: © Festa Verlag

Autor: Emilie Autumn
Titel: Die Anstalt für ungehorsame viktorianische Mädchen
Originaltitel: The Asylum for Wayward Victorian Girls
Übersetzer: Simona Turini
Teil einer Reihe: /
Festa Kategorie: /
Genre: Historische Romane, Biografien
Erschienen: 07. September 2022
Verlag: Festa Verlag
ISBN: /
Seitenanzahl: 448
Preis: Gebundene Ausgabe 49,99€ (nicht mehr erhältlich), Paperback 19,99€
Wertung: 4/5
Bildquelle/Cover: © Festa Verlag

⇒ Buch im Festa Shop ⇐

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

zwanzig − zehn =