[Rezension] Jens Lubbadeh – Neanderthal

Autor: Jens Lubbadeh
Titel: Neanderthal
Teil einer Reihe: /
Genre: Science Fiction
Erschienen: 13.November 2017
Verlag: Heyne
ISBN: 978-3453318250
Seitenanzahl: 528
Preis: Broschiert 14,99€, Ebook 11,99€
Wertung: 5/5

Bildquelle/Cover: © Heyne Verlag
 

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Waren sie die besseren Menschen?

Deutschland in der Zukunft. Krankheiten, Schönheitsfehler und Suchtprobleme sind abgeschafft, Gesundheit ist das höchste Ideal. Eine Welt, in der sich Kommissar Philipp Nix nur schwer zurecht findet. Als er eines Tages auf eine seltsam aussehende Leiche stößt, führt ihn das zu einem grausigen Massengrab in einem Tal bei Düsseldorf. Sind es Neandertaler? Aber warum sind die Überreste nur dreißig Jahre alt? Nix‘ Ermittlungen enthüllen einen Skandal, der die Gesellschaft der Zukunft in ihren Grundfesten erschüttert …

Quelle:© Heyne Verlag

Das neue Werk von Jens Lubbadeh ist für mich die Überraschung schlechthin und zudem noch ein richtiges Highlight, wenn auch sehr beängstigend und erschreckend.
Das Cover hat mich sofort mit seiner mysteriösen Art sehr angezogen und der Klappentext tat sein übriges.
Der Inhalt hört sich zunächst etwas nach einem Ermittler Thriller an, doch weit gefehlt. Zunächst bekommt man zwar dieses Gefühl, doch mit der Zeit verläuft sich das immer mehr und macht viel Größerem Platz.

Das Buch ist dabei in drei Teile gegliedert, was sehr passend ist. Denn es erstreckt sich über mehrere Jahre. Das Ganze erfahren wir aus der Sicht der dritten Person und begleiten so verschiedene Menschen auf ihrem Weg.
Verschiedene Schicksale die auf gekonnte und brisante Art und Weise miteinander verknüpft werden und voller Tragik und Dramatik sind.
Zunächst brauchte ich eine gewisse Eingewöhnungszeit um mich an die verschiedenen Personen und Handlungsstränge zu gewöhnen. Denn es ist doch recht komplex und man muss sich erst einen Überblick verschaffen.
Nach einer gewissen Zeit hatte ich den Dreh raus und es gab kein halten mehr.
Der Autor schreibt dabei sehr einnehmend, fließend und bildgewaltig. Es brach ein regelrechtes Kopfkino bei mir aus, das es wirklich in sich hatte.
Er zeigt uns eine Welt, die sich in der Zukunft befindet und doch so einiges zu bieten hat.

Von Zeile zu Zeile hat mich dieses Buch mehr fasziniert und nicht mehr losgelassen. Die Menschen in der Zukunft sind perfekt und gänzlich ohne Makel.
Doch sind sie das wirklich?
Wie lässt sich Perfektionismus thematisieren, wie realisieren?
Oder ist es mehr Schein als Sein?
Als das Massengrab in Düsseldorf entdeckt wird, ist es der Beginn einer wahren Odyssee und Hetzjagd ohne Grenzen. Plötzlich verliert sich alles, muss neu geordnet werden und die Blickwinkel verschieben sich merklich.
Die Grenzen verschwimmen immer mehr ineinander und man muss selbst überlegen, was richtig und falsch ist.
Man hat das Gefühl den Boden unter den Füßen zu verlieren und weiß nicht mehr, was man überhaupt noch glauben oder woran man glauben soll.
Wer ist man wirklich?
In diesem Buch hat mich ganz besonders Sarah berührt. Denn sie ist ein Kern des Ganzen und es ist nur der Anfang.
Es ist ihre Geschichte und gleichzeitig geht es um Vergangenheit und Gegenwart.
Es geht um Missstände, Macht und Kaltblütigkeit.
Es geht darum, den Galuben an sich selbst und seine Geschichte nicht zu verlieren. Alles zu geben, Stärke und Mut zu zeigen, um irgendwie aus dem ganzen herauszukommen.
Es geht darum die Welt besser zu machen und gleichzeitig hat man auch das Gefühl, alles wird zerstört.
Die Verzweiflung und Ohnmacht kämpft sich immer mehr an die Oberfläche und man wird ein Teil des Ganzen. Oben oder Unten existiert nicht mehr, man ist mittendrin.
Man wird gejagt und jagt gleichzeitig selbst.
Hier wird eine Welt offenbart die wirklich beängstigend ist und gleichzeitig ist sie auch technisch geshehen ziemlich versiert. Es hat fast etwas gespenstisches an sich. Dabei stechen Max und Sarah ziemlich heraus. Warum das so ist, erfährt man nach und nach. Und gerade diese beiden Menschen habe ich ganz besonders ins Herz geschlossen, aber nicht nur.
Es gab eine Person, die hat mir blankes Grauen beschert und ich konnte die Abgründigkeit und das Kalkül dessen extrem gut spüren. Es hat mir Schauer über den Rücken rieseln lassen und ich wollte nur noch die Augen schließen.
Auch über die Hintergründe wird man nicht im Unklaren gelassen und erfährt im Laufe des Geschehen immer mehr darüber, was die Emotionen sprichwörtlich überkochen lässt.
Die Handlung selbst ist vielschichtig und spielt sich auch an verschiedenen Handlungsorten ab, was mir sehr gut gefallen hat. Man bekommt ein Gefühl für die Orte, da man auch das ein oder andere Detail erfährt. Interessant waren hier wirklich die Charaktere, denn sie waren undurchschaubar und haben mich immer wieder überrascht und mit meinem Glauben an sie erschüttert und umdenken lassen.
Der wissenschaftliche Aspekt des Buches war wirklich sehr interessant und facettenreich. Hin und wieder gab es zwar Momente die mich wirklich grübeln und erstmal ratlos zurückließen, aber im Großen und Ganzen ist es sehr verständlich.
Die Einblendungen von Mitschnitten, Briefen sowie Einblicke in die Vergangenheit, fand ich sehr gut. Dadurch konnte man sich noch mehr an alles binden und das Ganze verinnerlichen.

Es ist erstaunlich was für einen Sog dieses Werk auf mich ausgeübt hat. Denn von Seite zu Seite  nahm die Spannung immer mehr zu. Es wurde explosiver und rasanter.
Die Wahrheiten und Erkenntnisse zogen einem die Schuhe aus und oft wusste ich nicht ob ich bleiben oder wegrennen sollte.
Die Wut brodelte in mir und gleichzeitig hatte ich auch Verständnis.
Die Charaktere sind greifbar, tiefgründig und mit spürbaren Ecken und Kanten versehen. Man kann sich ein Bild von Ihnen machen, sich in sie hineinversetzen und einfach verstehen, was sie antreibt und in Ihnen vorgeht.
Der Autor hat hier Wendungen eingewoben die man zwar bis zu einem gewissen Grat kommen sieht, die aber dennoch gut platziert sind und die unterschiedlichsten Emotionen auslösen.
Und doch gibt es auch Überraschungen, die man so nie erwarten würde und die dann richtig einschlagen.
Es gab Stellen die haben mir wirklich die Tränen in die Augen getrieben. Es ging mir wirklich unglaublich nahe, aber es hat mich auch fertig gemacht und nicht zur Riuhe kommen lassen.
Das Ende des Ganzen hat mir gut gefallen.
Ich kann schon jetzt sagen, das ich sicher noch einmal etwas von dem Autor lesen werde.

Jens Lubbadeh hat mit „Neanderthal“ etwas sehr gewaltiges, vielschichtiges und enorm emotionales zu Papier gebracht.
Ich bin wirklich schwer begeistert, auch wenn ich es extrem beängstigend und erschreckend empfand.
Es hat mich grübeln lassen, fertig gemacht und an meine Grenzen gebracht.
Die Grundidee wurde hervorragend ausgearbeitet und dabei schafft er es auch, die Charaktere lebendig werden zu lassen, das einem Hören und Sehen vergeht.
Es geht viel um Wissenschaft und doch hat es auch Thrillerelemente in sich, was die Spannung immens ankurbelt.
Ein explosives und emotionales Werk, das auch mit seinen gut platzierten Webndungen punkten und überzeugen kann.
Unbedingt lesen.

Ein Kommentar

  • Daniela von Buchvogel

    Hallo,
    Du hast eindrucksvoll beschrieben, was für eine Wirkung das Werk auf dich hatte. Mir ging es ähnlich, es ist unglaublich spannend, teilweise verstörend, gleichzeitig ist es sehr realistisch. Bis auf diese Klongeschichte und auch das mit dem QR-Code, da musste ich eher mit dem Kopf schütteln. Aber ich konnte drüber wegsehen, weil ich das Buch wirklich gut fand.
    Ich hab deine Rezension hier verlinkt.
    Liebe Grüße – Daniela

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